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Feature: Zwei Gesichter der USA in den Augen eines ehemaligen UN-Korrespondenten

German.xinhuanet.com | 14-08-2020 22:08:06 | 新華網

Von Xu Xiaolei

BEIJING, 13. August (Xinhuanet) -- Wenn ich mich an diese seltsamen Tage im März zurückerinnere, als ich als Xinhua-Reporter, der jahrelang in New York arbeitete, plötzlich gezwungen war, nach Hause zurückzukehren, nachdem auf Anweisung der USA die Zahl der chinesischen Journalisten begrenzt wurde, hatte ich nur das Gefühl, dass alles, was geschehen war, zu dramatisch war, um wahr zu sein.

„ABRUPTES ENDE“

Am 2. März ordnete die Administration von US-Präsident Donald Trump an, dass vier chinesische Medienkanäle ihr in den Vereinigten Staaten arbeitendes Personal verkleinern sollten. Beginnend ab dem 13. März durften die vier Medienkanäle insgesamt 100 chinesische Staatsbürger in den Vereinigten Staaten beschäftigen, was einem Rückgang von etwa 40 Prozent entspricht, was bedeutet, dass etwa 60 chinesische Journalisten das Land verlassen mussten.

Die Ankündigung kam, als ich im Begriff war, an einer Pressekonferenz der chinesischen Mission bei den Vereinten Nationen (UN) teilzunehmen.

Da China im März die Präsidentschaft im UN-Sicherheitsrat übernehmen würde, informierte Zhang Jun, der ständige Vertreter Chinas bei der UN, die Presse über das monatliche Arbeitsprogramm.

Ich schaffte es, trotz des De-facto-Ausweisungsbefehls ruhig zu bleiben und das Treffen sorgfältig aufzuzeichnen, obwohl ich wusste, dass meine Vertragslaufzeit im Xinhua-Büro bei der UN ein abruptes Ende nehmen könnte.

Bei dem Briefing am 2. März kündigte Zhang an, dass der Rat während der chinesischen Präsidentschaft eine Debatte über den Multilateralismus führen werde. Der Vorschlag erinnerte an das, was die Vereinigten Staaten in den letzten Jahren unternommen hatten, um mit dem multilateralen Lager zu brechen, als ich über UN-Geschichten berichtete.

Als ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates sind die Vereinigten Staaten jedoch unter Missachtung der Maintream-Werte mit vielen Nationen in Konflikt geraten, unter anderem hinsichtlich der Belange des israelisch-palästinensischen Konflikts, des Klimawandels und des Atomdeals mit dem Iran.

Washington mit seinen fragwürdigen Politiken und Taten verliert weltweit an Unterstützung und wurde von verschiedenen UN-Gremien mehrfach gerügt.

Am 4. Mai 2018 verlegten die Vereinigten Staaten ihre israelische Botschaft nach Jerusalem, nachdem Washington mit der jahrzehntelangen US-Politik gebrochen hatte, indem es Jerusalem 2017 als israelische Hauptstadt anerkannte, was massive internationale Kritik, einschließlich bei der UN, auslöste.

Ende 2017 verabschiedete die UN-Generalversammlung mit überwältigender Mehrheit eine Resolution, in der sie erklärte, dass alle Entscheidungen, die den Status von Jerusalem ändern würden, „null und nichtig“ seien.

Die Generalversammlung hat in den vergangenen fast drei Jahrzehnten jedes Jahr eine seit langem bestehende Forderung nach einem Ende des erstmals 1960 verhängten US-Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargos gegen Kuba erneuert.

Der Slogan „America First“ hat keinen Platz am Runden Tisch des Multilateralismus, während die Trump-Administration andere damit nervt, „sie zu mögen oder bleiben zu lassen“, und währenddessen mit Austritten aus multilateralen Mechanismen droht.

In den letzten Jahren ist Washington zum Beispiel aus dem Pariser Abkommen, der UNESCO, dem UN-Menschenrechtsrat und dem Global Compact for Migration ausgetreten.

Angesichts ihres Versagens bei der Bewältigung der COVID-19-Gesundheitskrise versuchte die Trump-Administration auch, die Schuld auf die Weltgesundheitsorganisation abzuwälzen und zog die Vereinigten Staaten aus dem UN-Gremium heraus.

Eine französische Kollegin, ebenfalls UN-Nachrichtenreporterin, kam in unser Büro, nur um ihre Unterstützung zu bekunden, als sie von der Anordnung hörte, die auf chinesische Journalisten abzielte.

Ist die US-Anordnung nicht eine Ironie der in der US-Verfassung verankerten Pressefreiheit, sagte sie. Sie schlug auch vor, dass chinesische Journalisten Hilfe bei der UN-Medienakkreditierungs- und Verbindungsstelle sowie der UN-Korrespondentenvereinigung suchen sollten.

Angesichts des US-Machtmissbrauchs der habe die UN jedoch versucht, zu kommunizieren, aber es sei ihr nur selten gelungen, Vater Staat zu einer Änderung ihrer problematischen Politiken zu bewegen.

Gemäß der 1947 in Kraft getretenen Vereinbarung zwischen der UN und den Vereinigten Staaten bezüglich des UN-Hauptquartiers sind die Vereinigten Staaten generell verpflichtet, ausländischen Diplomaten Zugang zur UN zu gewähren. Nichtsdestotrotz hat Washington wiederholt seine internationalen Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen beiseite gelegt und Visa für UN-gebundene Diplomaten als Faustpfand und sogar Waffen lediglich für seine eigenen politischen Kalkulationen benutzt.

Die US-Regierung hat bereits Mitglieder mehrerer ausländischer Delegationen, einschließlich denen aus Russland und dem Iran, zur Teilnahme an der 74. Sitzung der UN-Generalversammlung. Sie hat auch die Aktivitäten aller Mitglieder der ständigen Mission Kubas bei der UN eingeschränkt.

RÜCKKEHR NACH HAUSE

Später erfuhr ich, dass Xinhua sich mit dem US-Außenministerium disputiert hat, weil aus rechtlicher Sicht das UN-Hauptquartier zwar in den Vereinigten Staaten liegt, chinesische Staatsangehörige, die im UN-Büro arbeiten, jedoch nicht über amerikanischen Nachrichten berichten und die Vereinigten Staaten nicht berechtigt seien, uns abzuschieben.

Das Weiße Haus behauptete jedoch, die Personalobergrenze gelte für alle chinesischen Staatsbürger, die in den Vereinigten Staaten für die betroffenen chinesischen Medienkanäle arbeiten. Noch ärgerlicher war, dass Washington von den betroffenen Mitarbeitern verlangte, das Land ungeachtet der Schwierigkeiten und Gesundheitsrisiken zu verlassen, um inmitten der COVID-19-Pandemie zu reisen.

Unter dem Druck der Frist zur Ausreise bat ich meine Kollegen, mir beim Kauf schwer erhältlicher Flugtickets zu helfen, da viele Fluggesellschaften inmitten der wütenden Pandemie die Flüge kürzten. Von meinen Freunden gelang es mir auch, ein paar N95-Gesichtsmasken zu bekommen, die nicht mehr länger auf dem Markt erhältlich waren.

Nach einem 13-stündigen Flug und 12 Stunden nach der Landung füllte ich eine Gesundheitsbefragung aus, ging in den Zoll und wurde völlig erschöpft in ein Quarantäne-Hotel in Beijing gebracht.

Ich wurde in eine Prioritätsgruppe eingeteilt, um einen Nukleinsäuretest durchzuführen, da bei jemandem, der im selben Flugzeug reiste, COVID-19 diagnostiziert wurde. Später wurde ich wegen meiner Halsbeschwerden auch im Xiaotangshan-Krankenhaus gründlich untersucht. Glücklicherweise war der COVID-19-Test negativ.

Wenn ich an die letzten Jahre zurückdenke, kann ich mich daran erinnern, dass die US-Regierung die Unterdrückung chinesischer Medien kontinuierlich verschärft hat, von der Zwangsregistrierung als „ausländische Vertretung“ bis zur Verwaltung als „ausländische Mission“; von der Verweigerung der Visumerteilung für mehr als 20 chinesische Journalisten bis zur Verbannung chinesischer Reporter aus den Vereinigten Staaten.

Nachdem ich nach China zurückgekehrt war, haben die Vereinigten Staaten ihren Griff weiter verschärft. Im Mai kündigten die Vereinigten Staaten an, dass sie die Aufenthaltsdauer für die Arbeitsvisa aller chinesischer Journalisten in den Vereinigten Staaten auf 90 Tage verkürzen würden, was zu großer Unsicherheit unter ihnen führte.

Im vergangenen halben Jahr nach der Rückkehr nach China blicke ich oft auf meine Tage in New York zurück. Ich finde, dass die Vereinigten Staaten ein Land der Widersprüche mit vielen verschiedenen Gesichtern ist. In New York sah ich eine diverse und integrative amerikanische Gesellschaft; in der UN sah ich eine starrköpfige Nation, die sich dem Multilateralismus widersetzte und immer Sanktionen gegen jeden verhängte, den sie als unangenehm empfand.

Ich bin mit vielen freundlichen und liebenswürdigen New Yorkerinnen und New Yorkern in Kontakt gekommen: mit dem Handwerker Willis, der ein Sofa für mich aufstellte, aber die Bezahlung ablehnte, mit dem Concierge Wilmoth, der jeden Bewohner in meinem Wohnhaus erkannte und jeden enthusiastisch daran erinnerte, Pakete mitzunehmen, und mit Dr. Martin Wolff, der meine medizinischen Kosten reduzierte und mir meinen Zustand geduldig erklärte.

Viele Amerikaner sind wie sie: tolerant, respektvoll und hilfsbereit. Sie sind weder China noch dem chinesischen Volk feindlich gesinnt. Vielmehr profitieren viele von der wirtschaftlichen Globalisierung und der Entwicklung der China-US-Beziehungen und des Handels. Ihnen geht es darum, ein besseres Leben zu führen und ihren Selbstwert zu verwirklichen. Im Gegensatz zu einigen US-Politikern, die behauptet haben, sie seien am wenigsten an einem sogenannten „neuen Kalten Krieg“ interessiert.

Die gegenwärtige US-Administration hat immer eine sogenannte „America First“-Politik gepriesen und behauptet, „Amerika wieder großartig zu machen“. Wenn die Vereinigten Staaten jedoch wiederholt den Multilateralismus aufgeben, sich aus der internationalen Verantwortung und den internationalen Verpflichtungen zurückziehen, sich ständig in ideologische Konfrontation begeben und immer wieder ausländische Faktoren für ihr innenpolitisches Versagen verantwortlich machen, würde das so genannte „America First“ nur noch mehr Widerstand erfahren und seine begehrte „Größe“ würde nur noch geringer werden.

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua, Xu Xiaolei arbeitete ehemals im Xinhua-Büro bei der UN.)

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